Lange wartete ich auf ein Kiss Live Album nach der Reunion – mit Masken und allem drum und dran. Jetzt ist es endlich da, doch die Nachricht dass man auch ein Symphonie Orchester eingeladen hatte schockte mich massiv. Ich wollte kein neues Album hören, das beweist wie inkompatibel Stromgitarren und Streicher sind.

Ich bin echt überrascht: diesmal passt es! Der Conductor vom Melbourner Orchester hat es wirklich drauf, denn er hat es geschafft Streicher-Sätze auf Kiss-Songs zu komponieren, die statt zu stören den Song in ein neues Gewand zu hüllen, welches durchaus seine Berechtigung hat. Respekt! "Do you love me" gehörte für mich zum Beispiel immer zu den eher schwächeren Kiss-Songs aus der frühen Phase. Mit Orchester hat der Song eine neue Stimmung, obwohl man eigentlich nur die 2-3 Strophenakkorde im wahrsten Sinne unterstreicht. Auch "Detroit Rock City" hat untermalt gewonnen. Wer hätte das gedacht?

Ich weiss nicht ob es am Neuzugang Tommy Thayer liegt: aber Kiss wirken irgendwie frisch und spielfreudig wie in den frühen 70ern. Zum Beispiel wirkt "Let me go rock´n´roll" so dynamisch wie lange nicht mehr. Tommy kopiert alle Ace Licks 1:1 und spielt sogar in "Lick it up" neue Fills rein, die nach Frehley klingen. Ist schon irgendwie seltsam das ganze. Doch besser KISS mit diesem Line-up, als sich wegen Ace auflösen. Und gefallen tut es wirklich.

Den guten ersten Eindruck rundet die gute Songauswahl ab. Da gibt es überraschungen wie "Shandi" oder "great expectations" mit echtem Kinderchor. Jetzt verstehe ich auch besser warum die Idee mit dem Orchester kam: Ohne hätte man zwangsläufig "nur" ein zweites "Alive I" rausgebracht, also versucht man etwas neues zum Alten dazuzufügen, ohne es zu verhunzen. Experiment gelungen, sage zumindest ich.